Bier

Bier im Fichtelgebirge

Katja Winkler

Erstellt | Geändert

Biere im Fichtelgebirge

Die Franken, ein Volk von Bierbrauern - nirgends sonst gibt es so viele verschiedene Biersorten auf einem Fleck.

Oberfranken, und zu diesem bayerischen Regierungsbezirk gehört das Fichtelgebirge, besitzt die größte Brauereidichte der Welt. Gut 220 Brauereien drängen sich auf etwa 107.000 km² Fläche, ein Gutteil davon im Fichtelgebirge.

Bierbrauen ist eine Kunst, die jedoch von vielen Faktoren abhängt, nicht zuletzt von den verwendeten Rohstoffen. Einer der wichtigsten ist das Wasser. Und da hat das Fichtelgebirge alle Trümpfe in der Hand, so rein und sauber, so weich und schmackhaft wie es ist. Eine Brauerei hat sogar keine Kosten und Mühen gescheut und sich eine Wasserleitung von 30 km Länge aus unseren Bergen bis ins Sudhaus legen lassen.

Bier ist eine Form von Kultur. Denken Sie nur an die vielen verschiedenen Rezepturen für die landschaftstypischen Spezialitäten: Pils und Weisse, dunkles und Vollbier, Märzen und Export, ja sogar ein Dampfbier findet sich neben anderen Sorten auf den Speisekarten der Gasthäuser. Oberster Grundsatz ist nicht möglichst viel in kurzer Zeit zu konsumieren, sondern die vielfältigen Geschmacksrichtungen zu genießen und dabei doch die Übersicht zu behalten.

Die Fränkische Bierstraße ist ein Wegweiser zu den regionalen Spezialitäten unserer Gegend. Sie führt nicht wie andere Ferienstraßen von A nach B, sondern bildet untereinander verbundene "Bierknoten", um die herum Sie auf Wanderungen oder Autotouren Land und Bier kennenlernen können.

Daneben können Sie sich in Brauereimuseen über den Produktionsprozess des Bieres und die Traditionen der Braukunst informieren, das alte Handwerk der Büttner studieren und bei Brauereiführungen auch schon mal die eine oder andere Kostprobe nehmen. Vergessen Sie nicht, im Veranstaltungskalender nach den Bierfesten zu sehen!

Zoiglbrauen in Falkenberg

Kommunbrauhaus in Falkenberg nach der Sanierung
Kommunbrauhaus in Falkenberg nach der Sanierung

1. Geschichtlicher Rückblick

"Zoigl" kommt von "Zeigel". Das bedeutet "Zeichen" oder "Schild". Dieses Schild, ein blauweißer Stern mit einem Bierkrug oder einem Fichtenzweig, wird wie vor 500 Jahren vors Haus gehängt, wenn der selbstgebraute Zoigl ausgeschenkt wird.
Im 13. und 14. Jahrhundert war es in der Oberpfalz - der Gegend nördlich von Regensburg - üblich, bei der Verleihung der Stadt- oder Marktrechte den Bürgern auch gleich das Braurecht zu übertragen. Voraussetzung waren allerdings Grundbesitz und ein eigenes Haus. Bier brauen war damals ein gutes Geschäft - für die Brauer ebenso wie für den Landesherrn.
Über das Gebiet zwischen Fichtelgebirge und Oberpfälzer Wald - das "Stiftland" - herrschte damals kein Fürst, sondern Kloster Waldsassen.

Waldsassen also hob von den Brauern der Umgebung den "Bieraufschlag" ein. Wenn das Geld knapp wurde, erließ man eine neue Verordnung und erhöhte die Abgaben. Das konnte jeder Landesherr halten, wie er wollte. Denn die Bierbrauerei war "landesherrliches Regal".
Weil das Kloster ständig an Geldmangel litt und sich andererseits die Brauer nicht über mangelnden Absatz beklagen mußten, wurde das Braurecht im Stiftland recht freizügig verliehen. In immer mehr Gemeinden entstanden sogenannte Kommun-Brauhäuser. Dort konnten die Bürger brauen.
Doch es gab strenge "Brauordnungen", die an die "Braugerechtsame" - die Erlaubnis zum Brauen - gebunden waren. Auch Qualitätsvorschriften mußten befolgt werden. Bevor die Brauer den Zoigl aushängen und Bier verkaufen durften, mußte auch im Stiftland der öffentlich bestellte "Bierkieser" oder "Bierschauer" seines Amtes walten und entscheiden, ob das Gebräu, das nach dem Brauen mindestens acht Tage im Keller lagern mußte, den Anforderungen entsprach.
Wenn der Bierkieser zufrieden war, durfte der Zoiglstern hinausgehängt werden. Die Wohnstube wurde ausgeräumt, Bänke und Tische wurden aufgestellt, Steinkrüge oder Gläser geputzt. In vielen Zoigl-Stuben gab es hausgemachte Blut- und Leberwurst oder Kesselfleisch mit Sauerkraut zum Bier.
1653 wurde für das Stiftland eine eigene Brauordnung erlassen. 31 Punkte regelten den Brauablauf und sollten Streitereien verhindern. Auch der Preis des Bieres wurde festgelegt. Die Maß kostete damals zwei Kreuzer. Die Zeit, in der gebraut werden durfte, wurde ebenfalls festgesetzt. Brauzeit war zwischen Michaeli (29. September) und Walburgi (1. Mai). Jeder brauende Bürger war verpflichtet, genügend Bier herzustellen. Die Brauer in den Marktorten mußten an Jakobi (25. Juli) noch mindestens drei volle Eimer im Keller haben, damit zum Michaeli-Markt, Ende September, genügend Bier im Flecken war. Wer keinen guten Keller hatte, durfte sein Bier auch beim Nachbarn lagern. Aber ausschenken durfte er es nur im eigenen Haus.
Für die Arbeit im Malzhaus - in dem gemälzt wurde - gab es eine Malzordnung. Die schrieb vor, wie die Gerste zu behandeln und das Malz zu bearbeiten sei. Laut dieser Malzordnung mußte auch immer genügend Wasser bereitstehen, falls es einmal brennen sollte. 

Die Braurezepte waren nicht vorgeschrieben. Da hatte jeder Brauer sein eigenes Geheimnis. Deshalb schmeckte der Zoigl auch in jedem Haus anders.
Ab 1808 wurde im Stiftland statt dem Bieraufschlag das Zollpatent eingeführt. Das brachte neue Probleme. Nun musste jeder brauberechtigte Hausbesitzer einen jährlichen Zoll zahlen: einen Gulden und 33 Kreuzer. Und das ist bis heute so. Für jede Maß Zoiglbier sind rund 5 Cent Biersteuer an den Fiskus zu bezahlen.
Im Landkreis Tirschenreuth wird heute nur noch in Mitterteich und Falkenberg gebraut.

Die Braurechte sind im Grundbuch eingetragen. In Falkenberg besitzen 116 Häuser das Braurecht, deren Eigentümer ihr eigenes Bier im Kommunbrauhaus brauen dürfen.
Dieses Braurecht wurde bis zum ersten Weltkrieg von fast allen Brauberechtigten ausgeübt. Ab 1920 setzte sich dann die künstliche Kühlung immer mehr durch, so dass die natürlichen Kühlhäuser, nämlich die in Falkenberg zahlreich vorhandenen Felsenkeller, überflüssig wurden. Das in den Brauereien hergestellte Bier wurde immer billiger, so dass sich das Zoiglbrauen nicht mehr rechnete. Im Jahr 1970 brauten in Falkenberg nur noch zwei Familien ihr Zoiglbier für den Hausgebrauch. Die kommerzielle Nutzung, also das Ausschenken und Verkaufen von Zoiglbier war bereits im Jahre 1960 eingestellt worden.
Mitte der siebziger Jahre erinnerten sich im Zuge einer weit verbreiteten Nostalgiewelle immer mehr ehemalige Zoiglbrauer an die Jahrhundert alte Tradition. Mittlerweise sind auch viele Jungbrauer hinzugekommen, so dass heute wieder ca. 35 Familien ihr eigenes Zoiglbier brauen. Und seit 1978 gibt es in Falkenberg auch wieder eine richtige Zoiglstube beim Kramer.

2. Brauverfahren

Der Sud besteht getreu dem Reinheitsgebot nur aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser.
Früher wurde das Wasser direkt aus der Waldnaab, die direkt am Brauhaus vorbeifließt, entnommen (Es wird erzählt, dass es damals schon mal vorkam, dass im Maischbottich ein kleiner Fisch mit dabei war.). Im Jahre 1930 wurde dann neben dem Brauhaus ein Brunnen gegraben und heute wird das Wasser aus dem öffentlichen Wasserversorgungsnetz bezogen. Falkenberg hat einen 90 m tiefen Brunnen, aus dem sehr gutes und vor allem weiches Wasser in das Wasserleitungsnetz eingespeist wird.
Früher gab es auch eine eigene Mälzerei in Falkenberg, heute wird das fertige Malz bei einer Tirschenreuther Brauerei gekauft. Das sog. Schroten des Malzes wird aber immer noch in der Sandmühle in Falkenberg durchgeführt. Der Hopfen wird meistens aus der Gegend um Spalt eingekauft.
Am Brautag wird das geschrotete Malz in der Mühle abgeholt und kommt dann im Brauhaus zunächst in den Mischbottich. Dort wird es mit Wasser vermischt (daher der Begriff "Maischbottich"). Die Maische wird im Sudkessel, welcher mit Holz beheizt wird, zum Kochen gebracht. Am späten Nachmittag des Brautages wird dann noch der Hopfen hinzugegeben. Nachdem der Hopfen ca. 1 2/2 Stunden ausgekocht wurde, wird die fertige Würze in das Kühlschiff abgelassen. Über das Hopfensieb werden die Hopfendolden abgefiltert. Das im Mischbottich übrig gebliebene sog. Treber wird von den Landwirten verwertet.
Nun muss der Sud im Kühlschiff über Nacht auf möglichst 8 - 10 Grad durch Umrühren herunter gekühlt werden. Aus diesem Grund wird in der Regel auch nur in der kälteren Jahreszeit, also im März/April bzw. November gebraut.
Dieses Brauverfahren im offenen Sudkessel lässt keine exakten Temperaturen zu, wie es in den Brauereien in geschlossenen Kreisläufen möglich ist. Da auch nicht gefiltert wird und die Hopfenmenge bei jedem Sud unterschiedlich ist, schmeckt jedes Bier sehr individuell. Maischen und Würzebereitung dauern etwa zehn Stunden.
Am nächsten Tag nimmt jeder Brauer seinen Anteil, welcher über Holzkübel aufgeteilt wird, mit nach Hause und überlässt das Brauhaus den nächsten Brauern. Zu Hause kommt die Würze in den Gärbottich, Hefe wird zugesetzt (ca. 1 Liter Hefe für 3 hl Bier) und nun überwacht die ganze Familie den Gärprozess im eigenen Felsenkeller. Die Hauptgärung dauert zwischen acht und zehn Tagen. Dann wird das Bier abgefüllt.
Die Falkenberger Zoigl-Brauer verwenden ausschließlich obergärige Hefe. Daher auch der Begriff "Obergäriges Bier". Fast jeder Brauer hat seinen eigenen Felsenkeller - entweder direkt unterm Haus oder etwas weiter weg im Berg. In diesen Kellern herrscht das ganze Jahr über die annähernd gleiche Termperatur. Das fertige Bier hält sich hier gut.
Am besten schmeckt das Bier nach einer Lagerzeit von 10 bis 14 Wochen. Danach setzt langsam ein Säuerungsprozess ein, was den Geschmack des Bieres langsam aber sicher verschlechtert. Eine Lagerzeit ohne wesentlichen Geschmacksverlust von einem halben Jahr ist jedoch ohne weiteres möglich.
Früher wurde der Zoigl nur in Fässern gelagert. In den letzten Jahren setzten sich immer mehr die Flaschen durch. Das penible Reinigen der Flaschen ist zwar Mehrarbeit und kostet Zeit. Aber der Zoigl hält sich besser. Für das Reinigen der Flaschen gibt es eine Flaschenwaschmaschine, welche aus einer ehemaligen Brauerei aus der Nachbarortschaft stammt. Sauberkeit ist im Übrigen beim Bierbrauen das oberste Gebot: Um 1 Liter Bier herzustellen, werden ca. 10 Liter Wasser benötigt.
Hauptbrauzeit ist im Frühjahr, meistens im März. Da wird für den Sommer vorgesorgt. Wenn sich herausstellt, dass das Bier nicht das ganze Jahr hindurch reicht - und das ist meistens der Fall -, wird im Herbst noch einmal gebraut - allerdings weniger. Die Mengen an Zoigl-Bier, die insgesamt hergestellt werden, sind beachtlich, zur Zeit jährlich etwa 600 Hektoliter.

Dreiquartl-Krug
Historischer Falkenberger Markt- und Zoiglkrug

Dieser handgefertigte 18 cm hohe Keramikkrug ist kobaltblau gehalten und salzglasiert. In der Oberfläche sind Texte aus der Falkenberger Historie festgehalten. Neben den Freibriefen von 1467, 1567 und 1672 sind Zoiglstern, Burg, Kirche und Brauhaus kunstvoll plastisch abgebildet. Er fasst "drei Quartl" ein altes bayrisches Biermaß.
Der massiv gestaltete Zinndeckel besitzt eine Hopfendolde im Scharnierbereich. Auf der Oberseite des Deckels ist das am Rathaus abgebildete Marktwappen mit Zierbandeinfassung erhaben dargestellt. Jeder Zoiglkrug trägt im Boden die Fertigungsnummer. Diesen in seiner Gestaltung einmaligen Krug gibt es in einer limitierten Auflage und ist als Sammler- und Gebrauchskrug gedacht.

Text Quelle: Bierlexikon.Lauftext.de

Kommunbrauhaus in Waldershof im Fichtelgebirge

Kommunbrauhaus in Waldershof im Fichtelgebirge

Heute wird davon ausgegangen, dass das erste gemeindliche Brauhaus bereits im 15. Jahrhundert im Badgarten errichtet worden ist. Erst im Jahre 1598 wurde das Brauen des braunen Bieres unter Herzog Friedrich IV. zu einem vorzüglichen Zweig der Wirtschaft und somit zu einem weit verbreiteten Gewerbe in allen Städten und Gemeinden.

Nach Friedrich Kuttner hatte jeder Waldershofer Bürger das Recht, im gemeindlichen Brauhaus zu brauen.
Ausgenommen waren nur Pfarrer, Richter und Schulmeister. Sie durften nur einen Haustrunk brauen.

So war damals das Kommunbrauwesen das Hauptgewerbe der Waldershofer, neben der Landwirtschaft und dem Handwerk. Da beim Stadtbrand 1748 auch das Brauhaus ein Raub der Flammen wurde, fehlte den Waldershofern eine wichtige Einnahmequelle. Daher wurde es noch im selben Jahr neu erbaut. 1790 wurde ein neuer Bräukessel gekauft und 1801 wurde insgesamt 65 mal braunes Bier und 32 mal Weißbier gebraut. 1807 brannte das Brauhaus erneut nieder, wurde aber rasch wieder aufgebaut. Bis 1830 dürfte das Brauen von Weißbier ganz eingestellt worden sein.

Aufgrund des Gewerbesteuergesetzes von 1852 verzichteten viele Bürger auf ihr Braurecht und das Brauhaus verfiel mehr und mehr. Nach Wegfall der Steuern beschloss man 1871 ein neues massives Brauhaus am Stadelweiher zu errichten, wo es heute noch steht.

Bis 1985 wurde in diesem Kommunbrauhaus gebraut. Anfang der 90er Jahre wurde es renoviert und zu einer Gaststätte umgebaut.

Katja Winkler

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Katja Winkler lebt nahe der A9 zwischen Frankenwald und Fichtelgebirge und ist daher prädestiniert, beide Gebiete zu betreuen.